Wirtschaftsstrafrecht
Christian
Müller-Gugenberger (Hrsg.), 6. Aufl. 2015, 3.353 S., 189
€, Otto Schmidt Verlag
Als 1987 die erste
Auflage dieses Handbuchs erschienen ist, war das
Wirtschaftsstrafrecht in der Bundesrepublik ein Orchideenthema:
Literatur existierte nur sehr spärlich; die Rechtsprechung
hatte erst begonnen, das Wirtschaftsleben auch unter
strafrechtlichen Aspekten zu beleuchten und zu beurteilen. Das Werk
hat in den Folgejahren seine solitäre Stellung souverän
verteidigt. Auch die im Umfang um nahezu 450 Seiten gewachsene neue
Auflage wird seinem herausragenden Ruf mehr als
gerecht.
Nach dem
plötzlichen Tod des vormaligen Mitherausgebers
Klaus
Bieneck hat
Christian
Müller-Gugenberger erneut die alleinige Herausgeberschaft
übernommen, Mit seinem 30-köpfigen Autorenteam liefert er
eine durchgängig auf dem Rechtsstand Herbst 2014 befindliche
Arbeit ab, die lhresgleichen sucht. Mit einer Ausnahme rekrutieren
sich alle Verfasser aus dem Bereich der Ermittlungsbehörden
bzw. der Gerichte - ein Garant für die besondere Praxis-
nähe. Der Leser kann sich stets darauf verlassen, dass die
Auffassung der hier einzig relevanten Rechtsprechung, trotz teils
deutlich kritischer Analyse, im Fokus der Darstellung
liegt.
„Highlights“ finden sich im Buch in
so großer Zahl, dass der begrenzte Raum dieser Rezension eine
umfassende Würdigung nicht zulässt. Besonders
hervorzuheben ist jedenfalls die komplette Neubearbeitung des
Insolvenzstrafrechts, für die Hans Richter, Oberstaatsanwalt und Hauptabteilungsleiter der
Wirtschaftsabteilungen der Staatsanwaltschaft Stuttgart, mit einer
vollständig neuen Konzeption verantwortlich zeichnet. Er
widmet vor allem auch den Auswirkungen des Gesetzes zur weiteren
Erleichterung der Sanierung von Unternehmen auf die
Strafrechtspraxis ein besonderes Augenmerk. Anke Hadamitzky, Oberstaatsanwältin beim BGH, analysiert
unter ausführlicher Darstellung der Rechtsprechung des BGH und
des BVerfG den praxisrelevanten Tatbestand der Untreue (§ 266
StGB), eine Bestimmung, die in der täglichen Arbeit der
Staatsanwaltschaften bekanntlich immer größere Bedeutung
gewinnt. Probleme der Compliance werden - erstmals zusammengefasst
- in einem von Alexander/Winkelbauer zu verantwortenden Kapitel erschöpfend
behandelt. Ludwig erläutert tadellos Fragen der
Korruption - so- wohl von Amtsträgern (§§ 331 ff.
StGB) als auch im Bereich der Privatwirtschaft (§§ 299
ff. StGB). Lediglich das Wertpapierhandelsgesetz, das allerdings
infolge chaotischer und völlig unvorhersehbarer
gesetzgeberischer Aktivitäten in den letzten Jahren eine
systematische Darstellung nur sehr schwer zulässt, wird in
§ 68 eher kursorisch behandelt – angesichts der unter
zumindest strafrechtlichen Aspekten nahezu nicht vorhandenen
praktischen Relevanz dieser unübersichtlichen Bestimmungen
aber eine nachvollziehbare und vertretbare
Entscheidung.
Die „Mutter
aller Handbücher“! Die Verfasser decken nahezu jeden
denkbaren Aspekt des deutschen Wirtschaftsstrafrechts umfassend,
aktuell und praxisorientiert ab. Mehr braucht der Berater oder
Verwalter für seine tägliche Praxis kaum,
Wirtschaftsstrafrechtliche Handbücher gibt es (mittlerweile)
einige - es gibt aber nur einen Müller-Gugenberger! Er sollte in keiner Handbibliothek
fehlen.
Raimund Weyand in ZInsO 30/2015, S. 1495
Das (,,,) Werk ist
eines der wirtschaftsstrafrechtlichen Standardwerke. Für
manche ist es sogar ein „Monument, das Maßstäbe
setzt“ (Bittmann, wistra 2011, 373, 374, zur Vorauflage),
andere bezeichnen es als „die ‚grüne Bibel‘
für Wirtschaftsstrafrechtler“ (Kudlich, ZIS 2007, 192,
192, zur 4. Auflage). (…) Blickt man auf die Entwicklung des
Phänomens Wirtschaftsstrafrecht, kann man feststellen:
über die letzten drei Dekaden haben insbesondere
Wirtschaftsstrafverfahren den öffentlichen und fachlichen
Diskurs bewegt. Hierzu gehört auch die aktuelle Frage, ob
bestimmte unternehmerische Fehlentwicklungen (z.B. das Scheitern
hochspekulativer Investments) in die Kategorie des Strafrechts
eingeordnet werden müssen. Die Neuauflage des Handbuchs
berücksichtigt den Rechtsstand bis Anfang August 2014 sowie
zusätzlich das mit Wirkung ab dem 1.1.2015 (erneut)
verschärfte Recht der Selbstanzeige und das 49.
Strafrechtsänderungsgesetz vom 21.1.2015.
Ziel, Konzeption
und Gliederung (…) (entsprechen) zwar – wie der
Herausgeber im selben Atemzug betont – nicht der
Strafrechtsdogmatik, ist aber aus der Blickrichtung der Praxis
schlüssig. Die Gliederung setzt den Ansatz dann konsequent um,
indem sie chronologisch den „Lebensabschnitten“ eines
Unternehmens und den typischen Bereichen unternehmerischer
Betätigung folgt. (…)
Die Kritik von
Bär (MMR-Aktuell, 2011, 323987), der unternehmensbezogene
Ansatz erschwere teilweise den Zugang zu einzelnen
Straftatbeständen, da sie auf mehrere Kapitel verteilt
dargestellt werden, ist durchaus berechtigt. Deutlich wird dies
beispielsweise an den steuerstrafrechtlichen Bezügen, die im
2. Kapitel des 1. Teils (§ 15), 1. Kapitel des 2. Teils
(§ 24), 2. und 3. Kapitel des 3. Teils (§ 38;
§§ 43 ff.), 3. Kapitel des 4. Teils (§ 89) sowie im
3. Kapitel des 5. Teils (§ 96) aufgezeigt werden. Die Kritik
ist u.E. allerdings in zweifacher Hinsicht abzuschwächen: zum
einen dient das detaillierte, nahezu 200 Seiten umfassende
Gesetzes- und Stichwortverzeichnis als hilfreicher Einstieg (so
auch Bär zur Vorauflage, aaO), zum anderen werden über
die lebensabschnittorientierten Darstellungen die möglichen
strafrechtlichen Risiken erst sichtbar (vgl. z.B. im Rahmen der
Unternehmensnachfolge: § 89). Der letzte Punkt ist für
den Praktiker im eminent vielschichten Bereich des
Wirtschaftsstrafrechts von besonderer Bedeutung.
(…)
Die personellen
Änderungen lassen m.E. [Franke-Roericht] den nicht zu
unterschätzenden Einfluss staatsanwaltschaftlicher
Perspektiven auf die Materie Wirtschaftsstrafrecht unberührt:
weiterhin ist der überwiegende Teil der Autoren (18 von 30)
beruflich diesem Strafverfolgungsorgan verhaftet, lediglich drei
Autoren sind als Rechtsanwalt tätig. Dieser Blickwinkel mag
ein Grund sein, weshalb zahlreiche (Schwerpunkt-
)Staatsanwaltschaften gerade dieses Handbuch erwerben. Die
„staatsanwaltschaftliche Perspektive“ ist hier nicht
pejorativ zu verstehen; gleichwohl wird an einzelnen Stellen eine
Sichtweise deutlich, die m.E. zu stark gefärbt ist.
(…)
Zu den wesentlichen
inhaltlichen Änderungen: Die grenzüberschreitenden
Dimensionen wirtschaftsstrafrechtlicher Sachverhalte wurden,
gegenüber den bereits bestehenden Ausführungen
(„Internationales Strafrecht“ /
„Internationalisierung des Strafrechts“ (§ 4),
„Wirtschaftsstrafrecht der Internationalen
Organisationen“ (§ 5), „Europäisches
Strafrecht“ (§ 6)), noch einmal erweitert. So liefert
die 6. Auflage einen neuen Abschnitt zum „Ausländischen
Wirtschaftsstrafrecht“ (§ 7; 32 Seiten), der
„einen Einstieg in das Wirtschaftsstrafrecht
ausgewählter Nachbarstaaten und wichtiger Handelspartner
bieten will“ (Vorwort, VII). Zudem wurde der Bereich der
Rechtshilfe („Grenzüberschreitende
Bekämpfung“, § 8) aktualisiert. Beides ist
ausdrücklich zu begrüßen. Zu Neubearbeitungen kam es
insbesondere im Bereich der „Untreue“ (§ 32), der
„Kapitalbeschaffung“ (§§ 27, 28, 50), der
„Publizität der Rechnungslegung“ (§ 41) und
der „Korruption“ (§ 53). Das AWG 2013
(Außenwirtschaftsgesetz vom 6.6.2013, BGBl. I 2013, 1482)
machte eine Neufassung des Außenwirtschaftsrechts
(§§ 15 C, 62, 73) erforderlich, die 8. GWB-Novelle und
Neuerungen auf europäischer Ebene führten zu zahlreichen
Änderungen im Abschnitt zum Kartellrecht (§§ 15 D,
57). Hinzu kommen fortgeführte Änderungen, die sich u.a.
auf das Steuerrecht (§§ 43-46, 15 A, B) und das
Umweltrecht (§ 54) beziehen. Einen Schwerpunkt der 6. Auflage
bilden die Aktualisierungen des Teils
„Unternehmensbeendigung“ (4.). Hier waren u.a. die
Änderungen durch das „ESUG“ (Gesetz zur weiteren
Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (SanG) vom 7.12.2011,
BGBl. I 2011, 2582) einzubinden. Es finden sich auch
Ausführungen zum „ESUG II“ (vgl. § 75 Rz.
45). Insgesamt ist das Handbuch mit nun 3353 Seiten gegenüber
der Vorauflage (2011) um rund 450 Seiten gewachsen.
Sehr bemerkenswert
ist der Umgang mit kritischen Anmerkungen: Beispielsweise wird nun,
anknüpfend an die Anregung von Bittmann (wistra 2011, 373,
374), eine zusammenfassende Behandlung der bisher verstreut
erörterten Thematik „Compliance“ (§ 31; 20
Seiten) geboten. Diese Systematisierung ist u.E. sinnvoll
(…).
Zu den
Besonderheiten des Werks: Das Handbuch klammert, entgegen dem
„klassischen“ Verständnis des Begriffs
„Wirtschaftsstrafrecht“ (…) die Bereiche
Steuerstrafrecht und Umweltstrafrecht nicht aus. Darüber
hinaus wird ein „Allgemeiner Teil“ des
Wirtschaftsstrafrechts geboten (…). Eine Besonderheit des
Werks ist ferner die sehr ausführliche und durchweg hilfreiche
Darstellung der Grundlagen (…).
Fazit: Auch die 6.
Auflage bietet einen überzeugenden, praxisbezogenen Einstieg
in das Phänomen Wirtschaftsstrafrecht unter Einbeziehung der
sonst in vergleichbaren Handbüchern ausgeklammerten Bereiche
des Steuer- und Umweltstrafrechts. Das Handbuch bleibt insgesamt
seiner Zielsetzung treu, „den dynamischen und
außerordentlich vielschichtigen Bereich des
Wirtschaftsstrafrechts ‚aus der Praxis für die
Praxis‘ in einem übersichtlichen Rahmen
darstellen“ zu wollen. Für beratende Berufe (z.B.
Rechtsanwälte, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer) bietet
es zudem einen Einblick in insbesondere staatsanwaltschaftliche
Blickrichtungen auf wirtschaftsstrafrechtliche Sachverhalte. Es
gehört mit einem nahezu dreißigjährigen
Erfahrungsschatz zu den Standardwerken wirtschaftsstrafrechtlicher
Literatur, und dürfte daher wohl Teil der Bibliothek
sämtlicher Praktiker im Wirtschaftsstrafecht
sein.
I Inzwischen liegt
der »Müller-Gugenberger« in der 6. Auflage vor. Die
Neuauflage dieses Standardwerkes bringt wesentliche Änderungen
sowohl in sachlicher als auch in personeller Hinsicht mit sich.
Treu geblieben ist der Herausgeber hingegen dem einzigartigen
Aufbau des Handbuchs: Dieses orientiert sich nicht wie
gewöhnlich an den unterschiedlichen Deliktsgruppen, sondern
gliedert sich anhand der einzelnen Stadien, die ein Unternehmen von
seiner Gründung bis hin zu seiner Sanierung und Beendigung
durchläuft.
II. Eine
wesentliche Umstrukturierung hat das 1. Kapitel »Bereich des
Wirtschaftsstrafrechts« erfahren. Dieses wurde inhaltlich um
die immer wichtiger werdenden internationalen Bezüge
erweitert. So wurde ein neuer § 7 »Ausländisches
Wirtschaftsstrafrecht« eingefügt, der Einblicke in
ausgewählte ausländische Rechtsordnungen liefert.
Darüber hinaus wurde auch das Thema Ordnungswidrigkeiten
stärker fokussiert, wenn auch der Herausgeber bewusst auf ein
eigenes Kapitel dazu verzichtet hat. Besonders hervorzuheben ist
schließlich die Aufnahme des Kapitels »Compliance«,
in dem die bisher in verschiedenen Kapiteln verstreuten
Ausführungen zentral gebündelt werden.
(…)
III. Das Kapitel
zur Untreue - im Handbuch »Treue-pflichtverletzungen«
genannt - wird in der Neuauflage nunmehr von Ltd.OStAin beim BGH
Anke Hadamitzky bearbeitet, die den vorigen Autor Wolfgang Schmid
ablöst. An der Gliederung und am Kern der Kommentierung hat
sich durch den Autorenwechsel allerdings nicht viel geändert.
Im Wesentlichen wurde die Bearbeitung aktualisiert und in einigen
Bereichen stilistisch modifiziert. Hadamitzky knüpft damit an
die bisherigen - wertvollen und ausführlichen -
Ausführungen an und entwickelt diese fort.
Eine solche
Fortentwicklung lässt sich beispielsweise an der
Hinzufügung eines Abschnitts zur Haushaltsuntreue
beobachten.
IV. Des Weiteren
wurde der nunmehr gänzlich von Hans Richter (in der Vorauflage
in Teilen auch von Klaus Bieneck) bearbeitete 4. Teil des Handbuchs
»Pflichtverstöße bei Unternehmenssanierung und
-beendigung« und da-mit die Behandlung der Insolvenzdelikte
neu gefasst und umstrukturiert. Zunächst stellt Richter im 1.
Kapitel »Unternehmenskrise« einen Abschnitt zur Krise und
Sanierung voran, in welchem er die Beendigungsmöglichkeiten
einer Unternehmung skizziert. Darüber hinaus wendet er sich
der Problematik zu, ob aus insolvenzstrafrechtlicher Perspektive
die Krisenmerkmale autonom oder zivilrechtsakzessorisch auszulegen
sind und plädiert überzeugend der wohl h. M. und
zumindest dem BGH partiell folgend für die
Zivilrechtsakzessorietät. Anschließend gewährt er in
§ 76 einen Überblick über das
»Insolvenzstrafrecht«. Hervorzuheben ist vor allem die
Einfügung von § 77, der die Strafbarkeitsrisiken nach dem
Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen
(ESUG) beleuchtet. Damit hat Richter auf die aktuellen
Gesetzesänderungen im Insolvenzrecht reagiert und liefert vor
allem dem Strafrechtspraktiker wertvolle Anhaltspunkte, inwiefern
sich die Reformen auf die Insolvenzstraftatbestände auswirken
können. Angesichts der in diesem Zusammenhang noch fehlenden
Rechtsprechung und der (noch) wenigen literarischen Stellungnahmen
(instruktiv Brand, KTS 2014, 1ff.) sind die insoweit umfangreichen
Ausführungen auch für den auf Insolvenzstrafrecht
spezialisierten Praktiker anregend und gewinnbringend. Für ein
Handbuch vergleichsweise ausführlich stellt der Verfasser in
den folgenden §§ 78 und 79 die Krisenmerkmale
»Zahlungsunfähigkeit« und
»Überschuldung« dar. Diese Grundlagen vorangeschickt
befasst sich das nachfolgende 2. Kapitel »Pflichtverletzungen
bei Unternehmensbeendigungen« zuerst mit der in der Praxis
besonders relevanten Insolvenzantrags-pflicht (§ 80). Dabei
ist Richter auch nicht entgangen, dass der Gesetzgeber die bislang
umstrittene Frage, ob der eingetragene Verein erfasst wird, in
§ 15a Abs. 6 InsO zugunsten seiner Ausklammerung entschieden
hat. Im Schwerpunkt der weiteren Ausführungen stehen
insbesondere die Antragsfrist sowie die inhaltlichen Anforderungen,
doch wird die Frage der »unrichtigen« Antragstellung in
Zukunft gewiss noch eine tiefergehende Behandlung erfordern.
Anschließend behandelt Richter Grundlagen zum Bankrott (§
81), bevor er sich sodann der Masseschmälerung (§ 83),
der Schuldner- und Gläubigerbegünstigung (§ 84)
sowie abschließend der Rechnungslegung (§ 85)
widmet.
Als Fazit kann
festgehalten werden, dass Richter eine umfassende und anregende
Beleuchtung der strafrechtlichen Risiken in einer unternehmerischen
Krise gelungen ist. Der »Müller-Gugenberger« kann
jedem Praktiker, der mit insolvenzstrafrechtlichen Fragestellungen
befasst ist, daher sehr empfohlen werden.
Dr. iur.
Dennis Reschke, Rechtsanwalt, Redeker Seltner Dahs, Bonn,
in:Deutsche Zeitschrift für Wirtschafts- und Insolvenzrecht;
2016(2): 97
Zu den Klassikern
zählt das „Wirtschaftsstrafrecht" von
Müller-Gugenberger, welches nunmehr in 6. Aufl. vorliegt;
allerdings deutlich erweitert und in Teilen stark renoviert, was
auch mit Veränderungen im Autorenteam zusammenhängt.
Indessen ist die Konzeption unter dem Schlagwort „aus der
Praxis für die Praxis" unverändert geblieben. In
fünf Teilen wird in insgesamt 96 Paragraphen das
Wirtschaftsstrafrecht in seiner Breite und Tiefe aufgefächert.
(Es) ist auch das Steuerstrafrecht in mehreren Paragraphen
(§§ 43 ff.) behandelt. Das Werk kann daher — und
nicht nur aus diesem Grunde — als komplett bezeichnet
werden.
Zu den Neuerungen
zählen die Themengebiete „Ausländisches Strafrecht"
(§ 7) und Compliance (§ 31). Erweitert bzw. nachhaltig
überarbeitet wurden unter anderem die Themenbereiche
„Untreue" (§ 32), „Korruption" (§ 53) sowie
das gesamte Insolvenzstrafrecht (§§ 75 ff.). Zudem hat
das praktisch bedeutsame Ordnungswidrigkeitenrecht eine Aufwertung
in Richtung einer (künftig sicherlich erforderlichen)
verselbständigten Darstellung erfahren.
In Erinnerung zu
rufen ist freilich die zweifelsohne eigenwillige, jedoch bewusst
gewählte Darstellungsform und Gliederung des Werks mit seiner
Orientierung an den „Lebensabschnitten eines Unternehmens".
Es handelt sich um ein Alleinstellungsmerkmal, Hat man sich an
diesen Akzent gewöhnt, bereitet die Arbeit mit dem Handbuch
Freude. Hierzu zählt vor allem die Lektüre der
Einführung (1. Teil) mit ihren terminologischen,
(wirtschaftsstraf-) rechtshistorischen und kriminologischen
Passagen. Hinzu treten eine Darstellung des Internationalen und
Europäischen Strafrechts, des wichtigen Rechtshilferechts
sowie des Verfahrens in Wirtschaftsstrafsachen. Abgerundet wird
dies mit einem spezifischen Allgemeinen Teil. Dass es sich hierbei
um mehr als um eine Einführung handelt, ergibt sich aus dem
skizzierten Tableau. Konturiert wird nämlich das komplexe
Wirtschaftsstrafrecht aus holistischer Perspektive. Der 1. Teil
lässt sich daher auch als Hintergrund für die folgenden
begreifen. Denn in diesen geht es sodann um die in ihre
Einzelaspekte zerlegte Vielgestaltigkeit des
Wirtschaftsstrafrechts. Verlässlich werden (mit
Bearbeitungsstand September 2014) unter Berücksichtigung von
Rspr. und Lit. die einzelnen Gebiete bearbeitet.
Was ließe sich
kritisieren? Zu bemängeln wäre, dass im
„Europäischen Strafrecht" (§ 6) die EMRK —
als solche nur eingegliedert in § 6 (Wirtschaftsstrafrecht der
Internationalen Organisationen) — keine Erwähnung
findet, obwohl deren Bedeutung gerade im Verfahrensrecht evident
ist. Einige Themenbereiche muten zudem eher statisch
bearbeitet an, wie z.B. §§ 10, 13. So wird die
bedeutsame Unschuldsvermutung in lediglich sieben Zeilen
abgehandelt. Im Komplex „Urteilsfolgen" werden im Rahmen von
Strafvollstreckung und Strafvollzug die
Gestaltungsmöglichkeiten unter Berücksichtigung des
gesetzlichen wie untergesetzlichen Normgerüstes trotz
erheblicher Praxisrelevanz noch nicht einmal angedeutet; was auch
ein Defizit in § 16 (Verteidigung in Wirtschaftsstrafsachen)
darstellt. Gleichwohl: Das Handbuch von Müller-Gugenberger ist
zu den Standardwerken im Wirtschaftsstrafrecht zu
zählen.
Prof. Dr.
Guido Britz, Literatur zum Wirtschaftsstrafrecht in der
Praxis, in: juris Die Monatsschrift, 2015, 482 (483)